Chaussee-Bote
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Diese Karikatur befand sich auf
dem Herrenklo des RAW-Ambulatoriums
und stellte angeblich mich dar.
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Der Erlkönig
Ein paar Texte über meine Studentenjobs
Ein bisschen Grünzeug hat noch keiner Homepage geschadet
Hier sieht man eine Mutterpalme
mit ihrem jüngsten Spross. Die alte Dame hat sich schon ein bisschen den
Stengel krumm geschuftet. Hoffentlich weiß der kleine Racker (rechts im Bild)
das zu schätzen.
Aber auch warme Brauntöne wissen das Auge zu entzücken, wie man an diesem bunten Blätterensemble in Grün-Braun-Gelb sehen kann.
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Bohni
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Mein Olympia-Tagebuch
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19. August
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Kugelstoßen der Damen
Gestern war ich durch Zufall am Potsdamer Platz, wo im Sony Center die olympischen
Spiele auf einem großen Bildschirm übertragen werden. Es kam gerade das Kugelstoßen
der Damen, eine Disziplin, die mich schon immer fasziniert hat, weil hierbei
die Sportlerinnen das allgemeine Schönheitsideal auf dem Altar des sportlichen
Erfolges opfern. Das ist wahrer olympischer Geist. Doch etwas war seltsam.
Der Wettkampf fand nicht, wie sonst üblich, im Stadion statt, sondern auf
irgendeiner Müllhalde am Rande der Stadt. Man stelle sich den Kontrast vor:
ich im Sony Center, wo ein kleines Bier 3,50 Euro kostet, beobachte auf einem
teuren, hochmodernen Bildschirm wie dicke Frauen eine dicke Kugel in den
staubigen Sand von Attika schmeißen.
Am Abend dann die Auflösung. Die Wettkampfstätte war nicht etwa, wie von
mir vermutet, noch nicht fertig, sondern schon überfertig. Es handelte sich
nämlich um eine historische Wettkampfstätte des antiken Olympia. Dort, wo
früher schöne, nackte Adonisse schwere Diskusse den Göttern entgegenwarfen,
schmeißen heute schwere, angezogene Amazonen schöne, nackte Kugeln den Kameras
entgegen. Nette Idee.
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20. August
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Trampolinspringen der Damen
Es ist zunächst überraschend, dass Trampolinspringen überhaupt eine Sportart
ist, verbindet man damit doch eher ein spaßiges Vergnügen, das auf den Hüpfburgen
diverser Rummelplätze stattfindet; es gibt schließlich auch keine Arschbombenweltmeisterschaften.
Gibt's doch? Egal.
Beim Schauen des Trampolinspringens der Damen ist mir dann auch aufgefallen,
dass den Teilnehmerinnen jeglicher sportliche Ernst zu fehlen scheint, als
ginge es ihnen nur um das Hüpfen an sich. Nach Beenden ihrer Übungen geben
sich alle Springerinnen glücklich und zufrieden. Wie kann das sein? Eine
von ihnen muss doch besser als die anderen gewesen sein. Irgendwelche Fehler
muss es gegeben haben, auch wenn ich sie als Laie nicht erkennen konnte.
Vielleicht geht es hier wirklich nicht ums Gewinnen. Vielleicht gibt es für
einen Menschen kein höheres Glück als die Erfahrung der Schwerelosigkeit
am höchsten Punkt der Flugkurve. Woran kann das liegen? Sind wir Menschen
am Ende nur eine evolutionäre Übergangserscheinung zu einem fliegenden Wesen
hin und somit selbst flugunfähige Krüppel, die beim Trampolinspringen für
einen kurzen Moment ihre Behinderung überwinden?
Wenn das so ist, dann müssen auch die Yogi-Flieger neu bewertet werden. Was
haben wir die Wahlwerbespots der Naturgesetzpartei immer belächelt! Irgendwelche
Verrückte sprangen im Schneidersitz durch die Luft und behaupteten, sie würden
dadurch Stress, Gewaltbereitschaft, Negativität und soziale Spannungen beseitigen.
Angeblich führe das yogische Fliegen zur Abnahme der Kriminalität um 20 Prozent
(Verkehrsunfälle -25%, Arbeitslose -35%). Sie nannten das den Maharishi-Effekt.
Wir dachten uns unseren Teil: solange sie fliegen, können sie keine Omas
bestehlen – haha.
Doch wenn ich mir die Trampolinspringerinnen so anschaue, glaube ich, es
könnte etwas dran sein. Die Deutsche hat gerade gewonnen, und die Kanadierin
und die Chinesin freuen sich mit ihr. Alle freuen sich. Keine Spur von Neid
oder Enttäuschung. Keine Negativität. Was für ein Sport!
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21.August
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Einerverfolgung der Herren
Eine olympische Disziplin lässt besonders Paranoiker aufhorchen: die Einerverfolgung.
Hier wird der Wahnsinn zur Sportart. Wenn man Geisteskrankheit als Behinderung
ansehen kann, dann müsste diese Variante des Bahnradsports eigentlich bei
den Paralympics ausgetragen werden. Wahrscheinlich ist die Einerverfolgung
aber bei den olympischen Spielen besser aufgehoben, erheben doch die Paralympics
den Anspruch, das Selbstwertgefühl und die gesellschaftliche Akzeptanz der
Behinderten zu stärken.
Das Einerverfolgungsrennen hingegen beutet auf perfide Weise den Verfolgungswahn
der Kontrahenten aus. Zwei Paranoiker werden an gegenüberliegenden Enden
der ovalen Radrennbahn platziert. Kurz vor dem Start erklärt man jedem, der
andere sei hinter ihm her. Der Startschuss zerstreut die letzten Zweifel:
es geht um Leben und Tod. Panikartig versuchen nun die armen Kranken in nackter
Todesangst vor einander wegzuradeln. Ein sinnloses Unterfangen, denn die
Bahn führt im Kreis herum. So hetzen sie einander vor sich her und sind doch
gleichzeitig die Gehetzten. Dieses Trauerspiel tritt die Menschenwürde mit
Füßen. Schlimm sowas.
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22. August
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Degenfechten der Herren (Mannschaft)
Die meisten olympischen Disziplinen sind militärischer Herkunft, finden heutzutage
aber in humanistisch entschärfter Form statt. So muss ein Speerwerfer nur
noch so weit wie möglich werfen und nicht wie früher, dabei auch noch einen
Perser durchbohren. Auf diese Weise bleibt der militärische Charakter vieler
Sportarten verborgen.
Beim Fechten ist das anders. Zwei Duellanten stehen sich mit Hieb-und-Stichwaffen
gegenüber, um sie in den gegnerischen Körper zu treiben. Natürlich sind die
Klingen stumpf, und die Aktiven tragen Schutzanzug und Maske. Aber der ursprüngliche
Zweck der Sportart ist immer noch erkennbar.
Die Treffer werden elektronisch ermittelt. Vor Erfindung der Elektrizität
zählte man einfach die offenen Wunden. Oder ein Arzt stellte den Tod fest.
In diesem Fall wurde der Tote wegen Unsportlichkeit disqualifiziert. Heutzutage
muss niemand mehr sterben, wie könnte man auch sonst den Gewinner der Bronzemedaille
ermitteln. Die gewann übrigens heute die deutsche Degenfechtmannschaft gegen
Russland. Ich habe den Kampf im Fernsehen gesehen. Ein Russe landete einen
Treffer, indem er seinem deutschen Kontrahenten in den Fuß piekste. Ich finde,
das geht zu weit. Auch wenn im modernen Sport niemand mehr ernsthaft verletzt
werden darf, sollten meiner Meinung nach nur solche Treffer gezählt werden,
die auch eine ernsthafte Tötungsabsicht erkennen lassen. Das ist bei einem
Fußstich nicht der Fall. Gott sei Dank war dieser Treffer für den Ausgang
des Kampfes nicht entscheidend.
Überhaupt ist erstaunlich, dass Deutschland zu den großen Fechtnationen zählt,
weiß man doch aus verschiedenen Mantel-und-Degen-Filmen, dass vor allem
Franzosen und Italiener gute Fechter sind. Auch Russland (Kosakenfilme) und
Trinidad und Tobago (Piratenfilme) würde man eher unter den Fechtnationen
vermuten als Deutschland (Nazifilme, Karl-May-Filme). Vielleicht liegt das
daran, dass traditionell deutsche Sportarten wie Philosophie, Sauberkeit
und Blitzkrieg nicht olympisch sind und wir somit auf artfremde Nischendisziplinen
ausweichen müssen. Das wäre zumindest eine Erklärung. Wie auch immer.
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23. August
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Turnen Einzelgeräte Herren
Alle 4 Jahre treten die Turner aus ihrem Schattendasein hervor und zeigen
der Welt, was sie sich Neues ausgeReckt haben. Im besten Fall ist es eine
neue Rolle rückwärts mit Dreifachschraube, gestreckt. Im schlimmsten Fall
ist es der Mord an einem Schriftsteller, wie 1819 geschehen (woraufhin dass Turnen in Preußen übrigens verboten wurde). Ich muss also aufpassen, was ich schreibe.
Das Turnen war schon immer meine Lieblingssportart. In diesem Jahr ist wieder
eine illustre Truppe am Start. Da wäre z.B. der spanische Olympiasieger Deferr,
den Dopingkontrolleure vor zwei Jahren beim Kiffen erwischt haben. Weil er
sie nicht an seiner Haschpfeife ziehen ließ, nahmen sie ihm seine WM-Silbermedaille
weg. Deferr hat's voll easy genommen. Jetzt holte er sich Gold dafür. Groovy.
Die USA haben ein Zwillingspaar ins Rennen geschickt, um die Kampfrichter
zu verwirren. Das hat auch prima geklappt. Einer von beiden gewann am Mittwoch
Mehrkampfgold. Es ist noch nicht ganz raus, welcher. Und für Deutschland
ist ein 16-jähriger Dreikäsehoch am Start, der heute nur knapp die Bronzemedaille
verpasst hat. Zum Trost bekam er von seinem Trainer einen Lutscher geschenkt.
Und Deferr ließ ihn mal an seiner Pfeife ziehen. Süß. Der Kleine heißt übrigens
Fabian und sieht aus wie einer von denen, die üblicherweise auf dem Schulhof
verprügelt werden. Selbst Stephan Zeisig könnte ihm mühelos auf den Kopf
spucken. Das sollte sich unser Stephan aber zweimal überlegen, der Fabian
hat nämlich Muckis wie Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis zusammen. Also
obacht, Stephan! Mit Turnern ist nicht zu spaßen. Denke an 1819!
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24. August
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Springreiten Mannschaft
Deutschland hat heute Gold im Springreiten gewonnen. Diese Tatsache weist
darauf hin, dass die olympischen Spiele nicht nur Spiele der Jugend, sondern
auch der Pferde sind. Nashörnern und Krokodilen wird der Weg nach Olympia
allerdings immer noch verwehrt. Das tut mir besonders für die Krokodile leid,
für die ich an dieser Stelle eine Träne vergieße.
Pferde sind aber nicht die einzigen Tiere, die an olympischen Spielen bisher
teilgenommen haben. Ein Geschwader Brieftauben durfte 1900 in Paris in der
Disziplin „Schießen auf lebende Tauben“ mitwirken. 21 von ihnen fielen dem
siegreichen Belgier Leon de Lunden zum Opfer. Und wie man die Belgier so
kennt, wird er sie hinterher verspeist haben.
Der Pferdesport brachte den Deutschen seit jeher viele Medaillen ein. 1928
z.B. dem Deutschen Rudolf G. Binding die Silbermedaille in Literatur (Kategorie:
Lyrik) mit seinem Werk „Reitvorschrift für eine Geliebte“. Ich nehme jedenfalls
an, dass es darin um Pferdesport ging.
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25.-29.August
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