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Stephans Erasmus-Tagebuch
Stephans taz-Kolumnen
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Die Tour-de-France-Kolumne von Stephan Zeisig: "Ami Go Home!"
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Zur Person: Stephan Zeisig, geb. 1978, Intimkenner der internationalen Radsportszene und ausgewiesener Jan-Ullrich-Experte, schreibt
während der Tour de France für ENTHUSIASTEN ONLINE seine Kolumne: "Ami Go
Home". In seiner aktiven Zeit fuhr er für das Team Calippo Kirsche zahlreiche
zweite Plätze beim Radsportklassiker S-Bahnhof Babelsberg - Uni Potsdam heraus.
Seit seinem Rücktritt ist der "Venga-Venga-Mann" Autor Aufsehen erregender
Radsportkolumnen. |
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Prolog-6.Etappe | 7.-13.Etappe | 14.-20 Etappe
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14. Etappe
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18. Juli, von Carcassonne nach Nimes, 192,5 km
Wer annimmt, diese Tour sei für das T-Mobile-Team eine verlorene, der täuscht
sich gewaltig. Heute hat das Team nämlich die Führung in der Mannschaftswertung
übernommen und schließlich ist Radsport, allen Unkenrufen zum Trotz, ein
Mannschaftssport. Darum ist es auch gar nicht so wichtig, ob Jan Ullrich
nun Erster, Zweiter oder Hundertdritter wird. Solange T-Mobile vorne bleibt,
ist gewährleistet, dass es auch nächstes Jahr wieder an allen drei Rundfahrten
teilnehmen darf, ein Riesenfortschritt zum Jahr 95 als Team Telekom den Startplatz
bei der Tour mit einer italienischen Mannschaft teilen musste. Und wem hat
T-Mobile die Führung in der Teamwertung zu verdanken? Santiago Botero! Nun
zeigt sich also, wie ausgefuchst die Entscheidung von Walter Godefroot und
Mario Kummer war, den Kolumbianer dem Australier Cadel Evans vorzuziehen.
Chapeau!
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2. Ruhetag
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19. Juli, von Valréas nach Valréas, 0 km
Am Ruhetag möchte ich mich kurzhalten. Die Strapazen der letzten Wochen
haben auch mich ganz schön geschlaucht. Trotz meiner außer- gewöhnlichen Regenerationsfähigkeit.
In den Alpen werde ich jedenfalls noch mal zurückschlagen.
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15. Etappe
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20. Juli, von Valréas nach Villard-de-Lans, 180,5 km
Der Amerikaner wankt. Das hat man heute gesehen, als er es nicht vermochte,
die Attacke von
Jan Ullrich am Col de l`Écharasson zu kontern und auf die
Hilfe des Team CSC angewiesen war, um ihn zurückzuholen. Sehr enttäuscht
war ich menschlich von Jens Voigt, der für seinen Teamkapitän Ivan Basso
arbeitete, statt seinem Landsmann dabei zu
helfen, einen Etappensieg zu erringen und den Abstand auf die Führenden zu
verringern. Auch das ist eine Folge der Globalisierung. Ich will das nicht
kritisieren. Aber scheiße ist es doch. Dass Lance Armstrong am Ende, entgegen
aller Gepflogenheiten, um den Etappensieg sprintete, zeigt, wie unsicher
er sich darüber ist, ob er die knapp sieben Minuten auf Jan bis Paris retten
kann. Da kommt jede Zeitbonifikation gerade recht.
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16. Etappe
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21. Juli, von Le Bourg-d`Oisans nach L`Alpe-d`Huez, 15,5 km
Ich habe mich gestern nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, als ich eine
Wende prophezeite. Ullrich hat dem Amerikaner zwar noch nicht heute das gelbe
Trikot entrissen, ihm aber mit einem hervorragenden zweiten Platz signalisiert,
dass er ihm dicht auf den Fersen ist. Ich habe auch mal kurz nachgerechnet
und komme zu dem Ergebnis, dass Jan ohne seine kraftzehrende Attacke gestern und ohne die vielen Kurven, die, wie
so vieles an dieser Tour, den Amerikaner begünstigen, heute Erster geworden
wäre. Überdies möchte ich mich von den Fans distanzieren, die Jens Voigt
für seine gestrige Nachführarbeit hinter dem ausgebüchsten Ullrich als Verräter
und Judas beschimpft haben. Sie haben komplett aus eigener Verantwortung
gehandelt und wurden nicht durch meine Kolumne dazu verführt.
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17. Etappe
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22. Juli, von Le Bourg-d`Oisans nach Le Grand-Bornand, 204,5 km
Armstrong hat heute mal wieder bewiesen, dass er nicht nur ein erfolgreicher
Radfahrer ist sondern auch ein Mensch mit großem Herzen, indem er Andreas
Klöden davor bewahrte, schon mit 29 Jahren einen Etappensieg bei der Tour
zu erlangen und daraufhin abzuheben. So früh kann man mit so einem Erfolg
noch nicht umgehen, was Lance Armstrong höchst selbst leidvoll erfahren musste.
Seine soziale und emotionale Intelligenz ist mittlerweile total verkrüppelt,
so dass es mittlerweile nur noch abgewrackte amerikanische C-Promis wie die
bereits erwähnten Robbin Williams, Sheryl Crow und George Bush mit ihm aushalten.
Selbst seine Kinder machen einen weiten Bogen um ihn, da er zu Weihnachten
immer Geschenkewettauspacken veranstaltet und sie nie gewinnen lässt.
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18. Etappe
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23. Juli, von Annemasse nach Lons-le-Saulnier
Heute hat Armstrong nicht gewonnen. Keine Frage. Er versucht, sich einen menschlichen Anstrich zu geben.
Daher auch sein Besuch an Pantanis Grab, von dem natürlich zufällig die
Presse erfuhr. Der tote Pantani hat sich bestimmt gefreut, dass sein alter
Freund bei ihm vorbeischaute, nachdem er es zu Lebzeiten nie geschafft hatte.
Mit Fabio Casartelli versteht sich Armstrong auch gut, weil der auch tot
ist. Es soll noch mal einer sagen, der Amerikaner sei nicht umgänglich. Ich
muss mich also auch revidieren. Tut mir leid, Lance. Wenn ich tot bin, kannst
du auch zu meinem Grab kommen.
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19. Etappe
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24. Juli, von Besançon nach Besançon, 55 km
Heute hat Jan Ullrich Armstrong mal wieder gewinnen lassen, damit dieser
endlich allen beweisen konnte, dass er unbestritten in allen Disziplinen
der Stärkste ist und endlich dem Radsport den Rücken kehrt. Dann kann Armstrong
zeigen, dass er auch der beste Papa der Welt ist, indem er als erster Papa
überhaupt sechsmal in Folge den World best father award gewinnt und das,
obwohl er seine Kinder seit 1999 gar nicht mehr gesehen hat. Das hat er natürlich
nur gemacht, um es sich mit seinen Kindern nicht so einfach zu machen.
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20. Etappe
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25. Juli, von Montereau nach Paris – Champs-Élysée, 163 km
Endlich habe ich das Rezept gefunden, wie Armstrong zu
knacken ist. Wenn ihn alles Negative aufputscht, dann muss ihn folglich alles
Positive schwächen. Hiermit fordere ich alle Leser dieser Zeilen - und nach
meinen Berechnungen müssten dies zwei Millionen sein, also 30 Prozent der
Erdbevölkerung -, die was für eine bessere Welt tun wollen und dafür, dass
die Tour nächstes Jahr einen gerechten Ausgang nimmt, auf, von nun an täglich
eine Email an folgende Adresse zu schreiben: lancearmstrong@yellowjersey.com.
In dieser Mail darf jedes Mal nur ein Satz stehen: Lance, I love you from
the deep of my heart. Und dann kommt Euer Name. So können wir es schaffen.
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