N Die Schatzinsel – Teil IV N

von Dan Richter

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John Silver: Bohni
Jim Hawkins: Stephan Zeisig
Trelawney: Volker Strübing
Tom Morgan: Andreas Gläser
Erzähler, Ausguck: Dan Richter
Dr. Livesey: Robert Naumann

(aufgeführt am 22.1.04)

 

Erzähler: Wir schreiben das Jahr 1762. Der 15jährige Jim Hawkins gelangt unter abenteuerlichen Umständen an die Karte einer Insel, auf der der Schatz des verstorbenen Seeräubers Admiral Flint liegen soll. Der Friedensrichter Trelawney und Dr. Livesey rüsten ein Schiff aus, auf dem sie gemeinsam mit Jim die Schatzinsel erreichen wollen. Bei der Auswahl der zugegebenermaßen skurrilen Mannschaft hilft ihnen der einbeinige Schiffskoch John Silver. Kapitän Smolett wittert Arges, aber da geht die Reise auch schon los.

 

Jim (übers Mikro erzählend): Ich hatte mir eine Reise per Schiff immer sehr lustig vorgestellt: Man schwatzt an Deck, angelt und lässt sich vom Wind davon tragen. Das traf vielleicht für die sauberen Herren Livesey und Trelawney auch zu. Ich hingegen musste den lieben, langen Tag in der Kombüse Kartoffeln schälen.

 

Szene 5

 

Jim und Silver in der Kombüse. Jim sitzt vorn auf dem Hocker und schält Kartoffeln. Silver geht hinter ihm auf und ab.

 

Silver: Jim, du bist der tüchtigste Schiffsjunge, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.

Jim: Ja, aber…

Silver: Sag nichts. Ich weiß schon, du meinst, dass ich dir jetzt Komplimente machen will, weil ich mehr von dir will.

Jim: Nein, ich wollte nur…

Silver: Sag nichts. Ich weiß schon, du meinst, dass Trelawney und Dr. Livesey unserem kleinen Getändel ein Ende machen könnten, wenn sie davon erfahren.

Jim: Entschuldigt, Sir, ich glaube ich verstehe nicht. Wollen Sie mich verführen?

Silver: Hahaha! Ich hab doch nur einen Scherz gemacht.

Jim: Hahaha! ... Ha.

Silver: Willst du vielleicht, dass ich dich verführe? Ist es das, was du mir die ganze Zeit versuchen willst zu sagen?

Jim: Oh Gott! Nein, Mr. Silver, nein! Ich will nur die Kartoffeln schälen und ordentlich meine Arbeit machen.

Silver: Klingt nach protestantischer Arbeitsethik.

Jim: Wonach bitte? Ach, Mr. Silver, ich bitte Sie, ich bin doch nur ein 15jähriger Junge...

Silver: ...mit einem Knackarsch.

Jim: Warum erzählen Sie mir nicht etwas einfacheres? Zum Beispiel über..., äääh, zum Beispiel über ihren Papageien.

Silver (die Schulter mit dem Papagei dem Publikum zu gewandt): Der Papagei, hehe. (streichelt den Papagei)

Papagei: Piaster! Piaster!

Silver: (zum Papagei) Is ja gut, mein Kleiner! (zu Jim) Na schön. Also pass gut auf: Dieser Papagei ist bereits 120 Jahre alt.

Jim: Ach deshalb sieht der so Scheiße aus.

Silver: (packt Jim am Hemd): Hör gut zu Bürschchen! Halte deine Zunge im Zaum, wenn du’s dir nicht mit John Silver verscherzen willst.

Jim: Entschuldigt, Sir!

Silver: (lässt ihn wieder los) Hehe, war nur ’n kleiner Joke. Also: Dieser Papagei

Papagei: Piaster! Piaster!

Silver: (zum Papagei) Is ja gut, meine Kleiner. (zu Jim) Also, den hab ich Admiral Flint benannt, nach dem berühmten Seeräuber. Dem hat dieser Papagei nämlich mal gehört. Du kennst doch Flint, oder? Das war einer der größten Piraten, des 21. Jahrhunderts.

Jim: Welches Jahrhunderts?

Silver: Ääääh, des 18. Jahrhunderts, meine ich natürlich. Unterbrich mich nicht andauernd. Und der Papagei hat alles mit angesehen: Plünderungen in Port au Prince, die Kaperung der Santa Clara, den Untergang von Peking...

Jim: Von Peking?

Silver: Ja, von Peking. Na, nicht das Peking, das du meinst. Peking, das ist in der Sprache der Matrosen mehr so eine Redewendung für Hafenhuren.

Jim: Hafenhuren?

Silver: Ja, mein schöner Jim.

Jim: Und was heißt dann in dem Zusammenhang „Untergang von Peking“?

Silver: Wieso „Untergang von Peking“?

Jim: Na Sie haben doch gerade vom „Untergang von Peking“ gesprochen!

Silver: Ich?

Jim: Ja, Sie!

Silver: Das muss der Papagei gewesen sein!

Papagei: Piaster! Piaster!

Livesey: (von außerhalb der Bühne): Jim! Jim! Schöner Jim! Komm mal an Deck!

Silver: Onkel Doktor ruft dich!

Jim: Na dann werd ich mal. (zeigt auf den Kartoffeleimer zu seinen Füßen) Hier die Kartoffeln, die ich geschält habe.

Silver: Schön, schöner Jim. Da werd ich dich wohl demnächst angemessen belohnen müssen.

Livesey: Jim! Jim! Wo bleibst du denn?

Jim rennt die Treppe hoch aufs Deck. Silver ab.

Szene 6

An Deck. Seitlich befindet sich die Apfeltonne (umgekehrter Tisch?).
 Livesey, Trelawney, Jim. Trelawney isst einen Apfel.

Trelawney (legt die Hand auf Jims Schulter): Na, schöner Jim, hast du dich gut eingelebt hier an Bord?

Jim: Ja, Mr. Trelawney.

Livesey: (legt ihm die Hand auf die andere Schulter): Es fehlt dir auch an nichts?

Jim: Nein, Doktor Livesey.

Livesey: Wo ist eigentlich der Kapitän?

Trelawney: Der betet schon wieder.

Livesey: Ich dachte, der ist wieder betrunken.

Trelawney: Das stimmt auch – der betet immer, wenn er betrunken ist.

Livesey: Na ja. Der betet auch, wenn er nüchtern ist.

Trelawney: Hahaha!

Jim: Was ist denn daran lustig, Mr. Trelawney?

Trelawney: Nichts, schöner Jim. Übrigens, Doktor, eine ganz ausgezeichnete Idee, diese Apfeltonne aufzustellen.

Livesey: Ja, dann sind die Matrosen nicht so anfällig für Skorbut.

Jim: Skorbut?

Livesey: Ja, schöner Jim. Skorbut ist eine Vitaminmangelerscheinung. Wer diese Krankheit kriegt, dem fallen die Zähne und Haare aus, die Knochen werden brüchig, die Vorhaut wird faltig, die Leber...

Jim: Die Vorhaut wird faltig?

Livesey: Ja.

Jim: Also, so wie bei John Silver?

Trelawney: John Silver? Woher weißt du, dass er eine faltige Vorhaut hat?

Jim: Er hat sie mir beim Kochen gezeigt.

Livesey und Trelawney: Beim Kochen?

Jim: Ja, beim Zubereiten von Creme Fraiche.

Livesey: Oh Gott! Da will ich jetzt gar nicht dran denken. Hör zu, schöner Jim. Es ist schon spät. Hol dir jetzt noch einen Apfel aus der Tonne, und dann ab in die Koje, damit du morgen schön ausgeschlafen bist. Morgen erreichen wir nämlich die Insel.

Jim: Ja, Sir. (Geht langsam zur Tonne.)

Trelawney: Wir gehen auch schlafen, was Doktorchen?

Livesey: Logisch.

Trelawney: Zu mir oder zu dir?

Livesey: Zu dir. Meine Koje ist noch ganz beschmaddert von letzter Nacht.

Trelawney: Alles klar!

Livesey und Trelawney ab.

Jim: Ach, die Tonne ist so hoch! Ich komm nicht an die Äpfel ran. Werd wohl reinklettern müssen.

Klettert in die Tonne und hockt sich hinein und tastet nach Äpfeln.
Tom Morgan schleicht hinzu und setzt sich neben die Tonne.

Tom (Pfeift leise ein Signal. Dann ruft er leise). Silver! Silver!

Silver kommt ebenfalls angehuscht und setzt sich neben die Tonne.

Silver: Nicht so laut, du Depp! Willst du, dass uns der Käpt’n hört?

Tom: Entschuldige, John. Aber warum schlagen wir nicht einfach los? Ich hab keine Lust mehr, mich von Trelawney und diesem besoffenen Käpt’n immer rumkommandieren zu lassen.

Silver: Tom Morgan, du bist ein Depp gewesen und scheinst immer noch einer zu sein.

Tom: Wieso?

Silver: Es hat mich ein ganzes Stück Arbeit gekostet, dem Käpt’n und Trelawney die ganze alte Mannschaft von Admiral Flint aufzuschwatzen. Aber weißt du, wo sie die Karte haben? Weiß ich’s? Gar nichts wissen wir!

Tom: Aber wann schlagen wir los? Ich will Blut sehen!

Jim:(ängstlich) Ach du Scheiße!

Silver: Blut! Blut! Ich weiß schon. Blut sehen und dann Rum saufen. Immer diese verdammte Eile. Wenn’s nach mir ginge, würde ich den Käpt’n noch die halbe Fahrt nach Hause machen lassen, bevor ich ihn abschlachte. Aber ich weiß ja, dass ihr keine Ruhe geben könnt, wenn ihr den Schatz erst mal vor euch seht. Also werden wir schon auf der Insel mit ihnen kurzen Prozess machen.

Tom: Du bist ein kluger Kopf, John Silver.

Silver: Den Käpt’n, den Doktor und den Trelawney überlass ich euch. Aber den Jungen, diesen schönen Jim, den übernehme ich. Den erwürg ich eigenhändig.

Jim: Na, schönen Dank auch.

Tom: Was war das?

Silver: Halt’s Maul! Lass uns jetzt noch ein bisschen schlafen. Hol uns mal noch einen Apfel aus der Tonne!

Tom: Gute Idee.

Jim: Na super!

Tom wühlt in der Tonne, ohne was zu finden,

Tom Die Tonne muss fast leer sein. Ich kann keine Äpfel mehr finden.

Silver: Dann kletter doch rein.    

Jim: Na, jetzt wird’s ja immer schöner!

Ausguck: Land! Land in Sicht!

Silver: Hast du das gehört, Tom? Wir sind da!

Tom Jetzt schnell weg!

Silver: Hilf mir auf. Ich hab doch Probleme mit meinem Holzbein.

Tom Ja. (hilft ihm auf) Auch so eine Schweinerei hier an Bord. wie die Behinderten immer diskriminiert werden.

Tom und Silver ab

Jim: Na, das kann ja heiter werden.

*

Erzähler: Glauben Sie wirklich, dass Jim und seine Freunde abgemurkst werden? Warum wird Jim plötzlich von allen „schöner Jim“ genannt. Gibt es überhaupt einen Schatz auf der Insel? Wenn ja – wie soll der Schatz als Requisite authentisch dargestellt werden. Wird Silvers Papagei alles ausplaudern? Wenn Sie ein minimales Interesse an der Beantwortung einer dieser Fragen haben, dann schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, bei einer neuen Folge der

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