Kommissar Mörharts letzter Fall  X

von Dan Richter


mp3 runterladen (2,2 MB)

 

Bohnefeld – Bohni
Mörhart – Volker Strübing

Pater Bernhard, Sprecher – Dan Richter
Wärter – Rico
Diessner
Kortzborken– Jochen
Schmidt
Ulf – Stephan Zeisig
Irre – Publikum
Requisiten: Zwangsjacke

(aufgeführt am 16.6.05)

10. Mörhart und kein Ende?

  

SPRECHER: Nach dem Mordfall in der St. Maximilian-Kirche verdächtigt Kommissar Mörhart alle und jeden, obwohl der einzige Verdächtige gesteht, verhaftet und verurteilt wird. Man nimmt ihm den Fall weg, gibt ihm ihn zurück und es passieren die dollsten Dinger. Wenn ihr die gesehen habt, gut. Wenn ihr die nicht gesehen habt, ist es eure eigene Schuld. In der letzten Folge, jedenfalls, kommen wegen eines bescheuerten Zufalls die Irren aus einer forensischen Psychiatrie frei. Pech für Mörhart, der nun wegen dauerhaftem Blödiantentums selber eingebunkert wird.

  

Mörhart sitzt melancholisch in seiner Zelle.
Der Wärter öffnet die Tür.

 

WÄRTER:. Sie haben Besuch.

MÖRHART: Ich? Wer denn?

WÄRTER: Pater Bernhard! 

Bernhard tritt ein. Wärter geht ab.

PATER BERNHARD: Ganz recht. Kommissar Mörhart, ich bin gekommen, weil ich dachte, dass Sie vielleicht das Bedürfnis haben, Ihre Seele zu erleichtern.

MÖRHART: Ich bin aber nicht religiös.

PATER BERNHARD: Der Herrgott hat auch ein Auge auf seine atheistischen Geschöpfe.

MÖRHART: Ach, Pater Bernhard! Es ist soviel schief gelaufen.

PATER BERNHARD: Ich weiß, mein Sohn, deshalb sitzt du ja jetzt hier in der Klapse. Du hast über die Strenge geschlagen, und nun hat dich die Strafe des weltlichen Arms ereilt.

 

 Mörhart jammert auf seinem Stuhl und sieht zum Pater auf.
Bernhard läuft um Mörharts Stuhl.

 

MÖRHART: Pater Bernhard, ich hatte alle möglichen Leute im Verdacht, in diesen Mord verwickelt zu sein.

PATER BERNHARD: Ich weiß.

MÖRHART: Euren Messdiener Ulf.

PATER BERNHARD: Ich weiß.

MÖRHART: Den Polizeipräsident.

PATER BERNHARD: Ich weiß.

MÖRHART: Euch selbst, Pater Bernhard.

PATER BERNHARD: Ich weiß.

MÖRHART: Den Laboranten Kortzborken.

PATER BERNHARD: Ich weiß.

MÖRHART: Diese Literatentruppe..., ähm wie heißt die noch mal?

PATER BERNHARD: Wovon reden Sie?

MÖRHART: Straße der Besten oder so.

PATER BERNHARD: Promenade der Verhassten?

MÖRHART: Allee des Cineasten.

PATER BERNHARD: Verstehe.

MÖRHART: Ich hatte sogar zeitweilig meinen Assistenten im Verdacht.

PATER BERNHARD: Diesen Bohnefeld?

MÖRHART: Genau. Es muss doch mehr als ein Zufall gewesen sein, dass er innerhalb weniger Tage beide Hände und ein Bein verlor.

PATER BERNHARD: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.

MÖRHART: Ich will nach Hause.

PATER BERNHARD: Ich fürchte, Kommissar Mörhart, dass diese Anstalt auf absehbare Zeit Ihr Zuhause bleiben wird. Sie sind der gestörteste unter allen Gestörten, der paranoideste Paranoiker, ein schlechter Kommissar, Sie standen uns im Wege.

MÖRHART: Ich weiß. Ich, äh... Was haben Sie da eben gesagt?

PATER BERNHARD: Ich? Ach, äh, gar nichts.

MÖRHART: Ich hab’s doch gehört. Ich stehe jemandem im Wege.

PATER BERNHARD: Sie müssen sich verhört haben. Ich gehe jetzt.

MÖRHART: Halt! Hiergeblieben!

PATER BERNHARD (hämmert an die Tür): Lassen Sie mich los! Wärter! Aufmachen!

WÄRTER (öffnet die Tür und geht mit Zwangsjacke auf Mörhart zu): So! Ganz ruhig, Freundchen! Ganz ruhig!

PATER BERNHARD: Stellen Sie ihn ruhig.

WÄRTER: Zu Befehl, mein Meister. (legt ihm die Zwangsjacke an).

Zur selben Zeit an einem geheimen Ort.

 

BOHNEFELD: ... haben wir uns heute hier versammelt, um unseren Triumph zu feiern!

PUBLIKUM: Applaus.

BOHNEFELD: Danke, danke, meine Damen und Herren. Es ist ein Triumph des Geistes. Wir stehen vor einem neuen Zeitalter. Und es lagen harte Zeiten hinter uns. Viele von uns hat man in die Psychiatrie gesperrt. Wir wurden gedemütigt! Beraubt! Geknechtet. Aber lassen Sie mich auch dies sagen: Unsere jahrelange, konspirative Arbeit hat dazu geführt, dass wir in Spitzenpositionen aufrücken konnten. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Pater Bernhard. Ein strenger Atheist, ein sogenannter Irrer wie wir hat es durch jahrelange Selbstverleugnung geschafft, sich an die Spitze einer katholischen Gemeinde zu arbeiten. Ja, er hat sogar die Kirche so hergerichtet, dass es aussah, als ob der Glöckner Steißmeier einen Mord begangen hätte. Ein Hoch auf Pater Bernhard!

PUBLIKUM: Hoch! Hoch! Hoch!

BOHNEFELD: Aber es gibt auch jene, die im Kleinen gearbeitet haben. Tag und Nacht haben sie sich abgerackert. Ich nenne nur zwei Beispiele – Messdiener Ulf und Laborant Kortzborken, die unseren Feind auf die falsche Fährte gelockt haben.

PUBLIKUM: Applaus.

BOHNEFELD: Wer aber ist dieser Feind? Dieser Feind hat ein Gesicht und einen Namen. Er war uns auf der Fährte, hat uns belauert. Aber wir können uns glücklich schätzen, dass diese Ausgeburt der sogenannten Normalgesellschaft nun hinter Gittern sitzt, ein Platz den er uns zugedacht hatte und an dem auch viele von uns sitzen mussten. Aber er büßt nun für diese Taten. Kommissar Mörhart wird nie wieder jemandem zu nahe treten.

PUBLIKUM: Applaus

BOHNEFELD: Und nun möchte ich Sie bitten, mit mir das Glas zu heben auf die Gründung unseres Bundes. Lang lebe der Bund der Genies.

KORZBORKEN, PATER; ULF (aus einem Munde): Meister Bohnefeld, Sie sind genial.

MÖRHART: Ha! Hab ich euch, ihr Verschwörer!

KORZBORKEN, PATER; ULF, BOHNEFELD: Kommissar Mörhart! Sie hier? Wie konnten Sie denn aus der Anstalt fliehen?

MÖRHART: Mit einem Judogriff.

KORZBORKEN, PATER; ULF, BOHNEFELD: Wow! Mit einem Judogriff! Und woher haben Sie die Waffe, mit der Sie uns bedrohen?

MÖRHART: Vom Wärter!

KORZBORKEN, PATER; ULF, BOHNEFELD: Vom Wärter!

MÖRHART: Hört auf mit dem Scheiß! Ich hatte ja schon so etwas vermutet, aber erst jetzt ist mir alles klar. Es musste ja so kommen. Die Irren frei und greifen nach der Macht. Aber jetzt ist Schluss! Sterbt, ihr Bastarde. Sterbt!

  Mörhart erschießt alle. 
mp3 Schüsse

 BOHNEFELD (sterbend): Kommissar Mörhart, Sie sind genial.

MÖRHART: Bohnefeld, fast hätte ich an dich geglaubt.

BOHNEFELD: Kommissar Mörhart, Sie waren eine Nummer zu groß für uns. Kommissar Mörhart, Sie sind genial. (er stirbt.)

 Pause.
Wärter auf die Bühne

 WÄRTER: Hände hoch, Mörhart, hier spricht die Polizei.

MÖRHART: Verdammt! Ich hab doch nur...

WÄRTER: Hände hoch, hab ich gesagt!

MÖRHART: Verstehen Sie denn nicht, ich habe die ganze Sache aufgedeckt, ich habe...

WÄRTER: Bleiben Sie stehen und nehmen Sie die Hände hoch!

MÖRHART: Ich habe die ganze Verschwörung der Irren aufgedeckt.

WÄRTER: Sie sind doch hier der Irre, (lacht irre) hehehe! (erschießt Mörhart)

SPRECHER: So starb der einzige Mann in Deutschland, der die Verhältnisse durchschaute. Seitdem sind die Irren am Ruder. Sie glauben es nicht? Schauen Sie nur genau hin! Versucht man nicht auch Ihnen die Idee anzudrehen, nur permanente idiotisierende Lohnarbeit mache glücklich? Werden wir nicht langsam alle zu Irren? Weil wir glauben, nicht die richtige Musik zu hören, zu selten Sex zu haben, die falschen Klamotten zu tragen, nicht intelligent genug zu erscheinen? Wer das nicht glauben will, den haben die Irren schon längst gekriegt. Sie stecken dahinter. Nur einer hätte sie aufhalten können, aber sie haben ihn erwischt. Es war Kommissar Mörhart. Und es war sein letzter Fall.

Verbeugung der Schauspieler

 ********************